Muttersprache 4/2020

Themenschwerpunkt Fußballsprache

Peter Schlobinski
Wenn die Nille im Winkelhaak einschlägt. Kleine Einführung in die Fußballsprache

Die Sprache des Fußballs umfasst unterschiedliche Schichten und Domänen und im Zentrum stehen lexikalische Ausdrücke. Unter Fußballsprache im engeren Sinne versteht man die Fußballfachsprache. Hierunter fallen Regelbegriffe (Abseits), Begriffe für Spielfeldelemente (Torlinie, Querlatte), Strafen (Elfmeter), Spielhandlungen (Torabwurf), Positionsbezeichnungen (Flügelstürmer), taktische Begriffe (Abwehrpressing) u. a. Zum Fußballjargon gehören umgangssprachliche und dialektale Wörter (vergurken, Nille) und die Fansprache mit ihren speziellen Jargonismen (supporten, Blockfahne). Aber auch auf phraseologische und metaphorische Ausdrücke sowie syntaktische Schemata wird eingegangen, ein kleiner historischer Überblick über die Anfänge der Fußballsprache runden den Beitrag ab.

Schlüsselwörter: Fußballsprache, Fußballfachsprache, Fußballjargon, Reportsprache, Fansprache, Metaphorik

The language of football encompasses different domains, and lexical expressions are at the center of it. The language of football in the narrower sense of the word is the technical language of football. This includes rule terms (offside), terms for elements of the pitch (box), penalties (penalty kicks), match action (goal clearance), position designations (full back), tactical terms (defensive pressing), etc. The football jargon includes colloquial and dialectal words (dive) and the fan language with its special jargonisms (firm). Phraseological and metaphorical expressions and syntactic schemes are also dealt with, and a brief historical overview of the beginnings of the football language rounds off the article.

Keywords: language of soccer, soccer slang, reporting, fan jargon, metaphors

Simon Meier-Vieracker
Die Verdatung des Fußballs. Spuren von Algorithmen in der Fußballberichterstattung

Im Zeitalter der Digitalisierung sind im Fußball aufgrund moderner Trackingtechnologien bisher nicht gekannte Mengen an (Echtzeit-)Daten verfügbar und durch komplexer werdende Algorithmen auch analysierbar. Seit einigen Jahren werden datenbasierte Spielanalysen auch in der Fußballberichterstattung genutzt. Der Beitrag fragt danach, wie sich die zunehmende Verdatung des Fußballs in den sprachlich-kommunikativen Charakteristika der Fußballberichterstattung niederschlägt, die schließlich über den rein analytischen Blick auf das Geschehen hinaus auch Unterhaltungsfunktionen zu erfüllen hat. Auf der Grundlage umfangreicher Korpora von Livetickern und Spielberichten wird untersucht, wie die Daten sprachlich und multimodal aufbereitet werden und welche Wechselwirkungen sich zwischen den quantifizierenden, datenorientierten Zugriffen einerseits und den interpretativen Deutungen des Fußballgeschehens andererseits ergeben. Außerdem werden neue Formen des automatisierten Journalismus in den Blick genommen, wo vollständig datenbasiert ganze Texte algorithmisch generiert werden.

Schlagwörter: Fußballberichterstattung, Verdatung, Algorithmen, Korpuslinguistik, Visualisierung, Roboterjournalismus

In modern football, previously unknown quantities of (real-time) data are available through digital tracking technologies and increasingly complex data-analytic algorithms. For some years now, data-based match analyses have also been used in football coverage. This paper asks how the ongoing datafication of football is reflected in the linguistic-communicative characteristics of football coverage which still has to fulfil entertaining functions beyond a purely factual description of the games. On the basis of large corpora of live text commentaries and match reports, the paper analyses how raw data is processed linguistically and multimodally and what are the interactions between a quantified, data-oriented view of the game on the one hand and a more interpretative view on the other. In addition, new forms of automated journalism in the field of football coverage will be considered.

Keywords: Football coverage, datafication, algorithms, corpus linguistics, visualisation, automated journalism

François Conrad
Lexikalische Dubletten in der luxemburgischen Fußballsprache

Der Beitrag analysiert die Ergebnisse einer Online-Umfrage (1 189 Teilnehmende) zur luxemburgischen Fußballsprache. Mit einem Fokus auf der Variantenwahl sprachkontaktbedingter lexikalischer Dubletten (etwa Schiidsrichter/Arbitter; dt. ›Schiedsrichter‹, fr. ›arbitre‹) deckt die Untersuchung den großen lexikalischen Variantenreichtum in der luxemburgischen Fußballsprache auf, was zugleich als Spiegel der mehrsprachigen Variation im Luxemburgischen generell dient. Während sich die Varianten bestimmter Synonympaare in ihrer Häufigkeit recht gleichmäßig nachweisen lassen, überwiegt in der Regel mal die germanische, mal die romanische Variante. Zusätzlich lassen sich zahlreiche Dubletten im Repertoire der einzelnen Fußballbegeisterten aus Luxemburg empirisch feststellen – die einzelnen Personen geben also an, beide Varianten gleichermaßen zu verwenden. Nicht zuletzt aufgrund dieser Variantenvielfalt ist das Luxemburgische auf dem sprachlichen Spielfeld flexibel und vielseitig einsetzbar.

Schlagwörter: Luxemburgisch, Fußballsprache, lexikalische Variation, lexikalische Dubletten, Sprachkontakt

This article analyses the results of an online survey (1,189 participants) about the Luxembourgish football language. With a focus on the choice of the variants within contact-induced lexical doublets (e. g., Schiidsrichter/Arbitter; in German Schiedsrichter/in French arbitre ›referee‹), the investigation reveals the richness of lexical variants within the Luxembourgish football language as a mirror reflecting the multilingual variation in Luxembourgish overall. While the variants of certain lexical doublets show similar quantitative distributions, in most cases the participants have a clear preference for one of the possible variants. Additionally, the analysis reveals numerous doublets in the linguistic repertoire of the Luxembourgish football enthusiasts – meaning that they indicate using both variants equally on the individual level. Due to this diversity of lexical variants, Luxembourgish is quite a flexible and versatile player on the linguistic playing field.

Keywords: Luxembourgish, language of football, lexical variation, lexical doublets, language contact

Alexa Mathias und Anita Pavić Pintarić
Phraseme und Metaphern in der deutschen und kroatischen Spielberichterstattung

Sportsprachliche Texte haben sich als sehr geeignet für die Lehre für sowohl muttersprachliche als auch DaF-Studierende erwiesen. Auf inhaltlicher Ebene fördern sie die Motivation der Studierenden, auf sprachlicher Ebene bieten sie viele Möglichkeiten zur Beschreibung von und Reflexion über sprachliche Einheiten. Für die DaF-Studierenden kommt der Aspekt des Erwerbs von Idiomatizität hinzu, die sich insbesondere in Phrasemen niederschlagen. Phraseme sind in der Fußballberichterstattung hochfrequent, wurden aber bisher sowohl für das Deutsche als auch für das Kroatische wenig untersucht. Der Beitrag vergleicht und kontrastiert phraseologische Einheiten in Spielberichten beider Sprachen und soll, am Beispiel von Spielberichten, zur Verwendung von sportsprachlichen Textsorten in der Lehre anregen.

Schlagwörter: Phraseologie, Phrasem, Idiomatik, Sportsprache, Deutsch als Fremdsprache (DaF)

Texts referring to the language of sports have proven to be very suitable for teaching both native speakers and students of German as a foreign language. On the content level, they promote the motivation of the students, on the linguistic level they offer many opportunities to describe and reflect on linguistic units. For the students of German as a foreign language, there is also the aspect of acquiring idiomaticity, which is particularly reflected in phrasemes. Phrasemes are highly frequent in football coverage, but have so far been rarely researched for both German and Croatian. The article compares and contrasts phraseological units in game reports in both languages and, using the example of game reports, is intended to encourage the use of text types of the language of sports in teaching.

Keywords: phraseology, phrasem, idiomatics, language of sports, German as foreign language

Sakina Saleh Mahmoud
»Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.« Wozu brauchen wir noch Futur, wenn sich Hänschens Zukunft auch im Präsens ausdrücken lässt? Zum Tempusgebrauch beim Ausdruck zukünftiger Sachverhalte im Deutschen und im Arabischen

Anstoß für diese Untersuchung gaben die Probleme, die die Studenten der Germanistik an der Sohag-Universität haben – einerseits mit dem Gebrauch der Futur-Form (werden + Infinitiv) im Deutschen (wann, wie und wozu wird sie gebraucht, und wie verhält sich die deutsche Futur-Form zur arabischen) und andererseits mit den verschiedenen Möglichkeiten, Zukunft auszudrücken. In der kombinierten semasiologischen und onomasiologischen Untersuchung werden zuerst die semantischen Funktionen der Futur-Formen im Deutschen (werden + Infinitiv) und im Arabischen (sa س /saufa سوف + Verb im Präsens) dargestellt und miteinander verglichen.2 Der zweite Schritt verfolgt den umgekehrten Weg: Wie kann man im Deutschen und im Arabischen ausdrücken, dass eine Handlung in der Zukunft stattfindet? Es ist bemerkenswert, dass – vor allem im Kontext des DaF-Unterrichts – kontrastive Untersuchungen zur Behandlung von Zukunftsmarkierung im Deutschen und im Arabischen fehlen.

Schlagwörter: Tempus, analytisches und synthetisches Futur, Indikativ Präsens, Imperativ, kontrastive Grammatik, Zeitachse, illokutionäre Funktionen

This study was initiated due to by the problems that students of German studies at Sohag University have firstly with the use of the future form (werden + infinitive) in German (when, how, and what is it used (for), and how does the German future form behave towards the Arabic) and secondly with the different possibilities to express the future tense. In a combined semasiological and onomasiological study, the semantic functions of the future forms in German (werden + infinitive) and in Arabic (sa س /saufa سوف + verb in the present tense) are presented and compared. In the second step the opposite path follows: How can you express in German and Arabic that an action takes place in the future? It is noteworthy that—especially in the context of GFL teaching— there are no contrasting studies on the treatment of future marking in German and Arabic.

Keywords: Tense, analytical and synthetic future tense, present indicative, imperative, contrastive grammar, time axis, illocutionary functions

Rezensionen

Michael Hoffmann
Mathilde Hennig: Nominalstil. Möglichkeiten, Grenzen, Perspektiven.

Rosa Kohlheim
Rudolf Steffens: Die Familiennamen der Reichsstadt Frankfurt am Main im 15. Jahrhundert.

Christine Paul
Eva Neuland/Benjamin Könning/Elisa Wessels (Hgg.): Jugendliche im Gespräch. Forschungskonzepte, Methoden und Anwendungsfelder
aus der Werkstatt der empirischen Sprachforschung.

Roman Beljutin
Csaba Földes/Lyubov Nefedova (Hrsg.): Deutscher Wortschatz – interkulturell.

Helga Kotthoff
Kübra Gümüşay: Sprache und Sein.

Eberhard Ockel
Thomas Böhm/Carsten Pfeiffer (Hgg.): Die Wunderkammer der [d]eutschen Sprache, gefüllt mit Wortschönheiten, Kuriositäten, Alltagspoesie und Episoden der Sprachgeschichte, grafisch in Szene gesetzt.