Herkunft von Rübezahl
[F] Können Sie den Namen Rübezahl sprachlich erklären? Es gibt ja, soviel ich gesehen habe, unterschiedliche Interpretationen. Besonders interessiert mich, ob die Sage, in der konkret vom Zählen der Rüben die Rede ist, der sprachlichen Deutung dient.
[A] Wir sind sicher – um es so gewunden auszudrücken –, dass es noch keine sichere Erklärung des Namens jener volkstümlichen Sagengestalt gibt. Die Sage vom Rübenzählen findet sich in den Volksmärchen der Deutschen von Musäus (1782–1786), doch wird die Namendeutung gleichsam augenzwinkernd vorgebracht (»Und die Inwohner der umliegenden Gegenden, die den Nachbar Berggeist bei seinem Geisternamen nicht zu nennen wußten, legten ihm einen Spottnamen auf, riefen ihn Rübenzähler, oder kurzab Rübezahl«).
Schon 1662, als Johann Praetorius in einer gelehrten Abhandlung sich mit dem sagenumwobenen Berggeist beschäftigte (Daemonologia Rubinzalii silesii), in der er mehr als ein Dutzend Benennungen und »allerhand Zunamen des Rübezahls« analysiert, lag der Name im Dunkeln.
Kompliziert ist die Frage u. a. deshalb, weil Rübezahl als Bergmann ursprünglich aus dem Harz stammt. Herleitungen aus slawischem Wortgut haben sich auch nicht erhärten lassen. Die polnische Variante liczyrzepa entspricht deutsch ›Rübezahl‹, und die tschechische Krakonoš – neben der direkten Übernahme Rybecal – lässt sich schlicht auf ›Riesengebirge‹ zurückführen; beide sind Prägungen des 19. Jahrhunderts, wie uns Maximilian Eiden vom Schlesischen Museum in Görlitz mitgeteilt hat. Auch das Schlesische Wörterbuch, 1964, lässt die Frage offen: »in Hexenakten ist Rubel ein junger kleiner Teufel«; »hauptsächlich Naturmythus«.
Immerhin kommt Rübezahl bzw. älter Rübezagl im Mittelalter als Familienname auf, und dieser wäre als ›Rübenschwanz‹ zu deuten (Zagel = Zahl = ›Schwanz‹). So wäre jedenfalls erklärlich, dass, wie es die Sage bei Musäus ausdrückt, Rübezahl nur als Bei- und Spottname gebraucht wird, denn der Berggeist mag diese Bezeichnung nicht, sein eigentlicher Name bleibt unbekannt; und Rübezahl im Sinne von ›Rübenschwanz‹ sagt also nur am Rande und im Nachhinein etwas aus.
Rübezahl …
ist ein launischer Berggeist (Schrat) des Riesengebirges, der den Menschen in unterschiedlicher Gestalt begegnet und um den sich zahlreiche Mythen uns Sagen ranken. Um die Sammlung dieser Sagen besonders verdient gemacht hat sich der Schriftsteller Johannes Praetorius, der Rübezahl als »ambivalenten Widerspruchsgeist« beschreibt, »der in einem Moment gerecht und hilfsbereit, im nächsten arglistig und launenhaft« auftritt (vgl. Wikipedia). Einige dieser von Praetorius gesammelten Sagen sind im Projekt Gutenberg nachzulesen (dort in der Suche »Rübezahl« eingeben).