Warum lädt ein Sportverein zu einer akademischen Feier ein?
[F] Neulich lud ein Sportverein zu seiner akademischen Feier ein. Wie ist eine solche Feier zu verstehen, wenn es sich um einen Sportverein handelt, der nicht an eine Hochschule angeschlossen ist?
[A] Die Frage erscheint wohl nicht unbegründet, wenn man die geläufigste Bedeutung des Adjektivs akademisch betrachtet. Dieses leitet sich vom Nomen Akademie ab und besagt allgemein, dass etwas ›an einer Universität oder Hochschule erworben, erfolgend, üblich, vorhanden‹ ist (»Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache «, 4. Aufl. Mannheim 2012). Die weiteren Bedeutungen, die im Duden verzeichnet sind, werden wohl nicht jedem Sprachbenutzer so geläufig sein wie die eben angeführte. Es handelt sich um:
»a) (bildende Kunst abwertend) herkömmlich und formal musterhaft, aber unlebendig und ohne Verve: eine Kunst von einer gewissen akademischen Mustergültigkeit […]; b) (abwertend) lebensfern, trocken, theoretisch, voller Abstraktionen: ein in akademischem Stil verfasster Aufsatz […]; c) müßig, überflüssig: wenn der Preis 8000 Dollar überschreitet, wird die Frage sowieso akademisch […].« (Ebd.)
Hieraus lässt sich jedoch noch nicht herleiten, worin der Bezug zum Sport besteht. Eine akademische Feier im Bereich des Sports scheint nicht mit der bildenden Kunst zusammenzuhängen und lässt sich nur mit großer Mühe auf Lebensfernes oder Überflüssiges anwenden. Möglicherweise kann die Wortherkunft Aufschluss geben, vgl. Grimm, »Deutsches Wörterbuch«, 1854 ff., Neubearbeitung 1998:
Das Wort Akademie wurde im 16. Jahrhundert aus dem lateinischen academia entlehnt und bezeichnete einerseits die von Plato gegründeten Philosophenschule, andererseits Universitäten und Hochschulen bzw. Einrichtungen zur Ausbildung in bestimmten Disziplinen (etwa Kunst-, Bau- Berg- oder Forstakademien), seit dem 18. Jahrhundert auch gelehrte Gesellschaften im Allgemeinen. Eine mögliche Fährte, die zu einer akademischen Feier im Bereich des Sports führt, findet sich in der Bedeutung von Akademie als einer Konzertveranstaltung, bezugnehmend auf den auch möglichen musikalischen Charakter einer solchen Einrichtung. Ist eine akademische Feier also ein Sportfest mit Musik und Tanz? In diese Richtung gingen die Überlegungen der GfdS schon vor einigen Jahrzehnten, als eine ähnliche Frage zur Bedeutung einer akademischen Feier an uns herangetragen wurde. Belegt sind sie jedoch nach wie vor nicht.
Denkbar ist auch ein weiterer Zusammenhang zwischen dem Ausdruck akademische Feier und dem Bereich des Sports: So ist Platos Philosophenschule nicht nur als Akademie bekannt, sondern synonym auch als Gymnasium, womit der Ort bezeichnet wurde, an dem sich die Gelehrten der Philosophenschule zu treffen pflegten. Hieraus leitet sich die heutige Bedeutung des Gymnasiums als eine höhere und weiterführende Schule ab. Gleichzeitig war in der Antike das Gymnasium auch die Trainingsstätte der Olympioniken, nach heutigem Verständnis also so etwas wie ein Sportplatz, eine Turnhalle. Diesen Bezug weist einerseits noch immer das englische Wort für ›Turnhalle‹, nämlich gymnasium, kurz gym, nach, andererseits wird er im Deutschen im Ausdruck Gymnastik für ›Leibesübungen‹ offenbar.
Ganz zweifelsfrei ist hiermit zwar noch nicht geklärt, wie sich die akademische Feier zur Bezeichnung einer Sportveranstaltung entwickelt hat, doch vorerst bleibt festzuhalten, dass eine akademische Feier nicht nur an einer Hochschule, etwa im Rahmen der Verleihung eines akademischen Grades, abgehalten wird, sondern der Ausdruck auch zur Bezeichnung von Veranstaltungen im sportlichen Bereich oder allgemeiner zur Bezeichnung von Veranstaltungen eines Vereins (eben auch eines Sportvereins) oder eines Instituts dient. Schließlich deutet schon die alte Redewendung Ein gesunder Geist wohnt in einem gesunden Körper auf einen starken Zusammenhang zwischen geistiger und körperlicher Betätigung hin und festigt dadurch die vorangegangen Überlegungen, dass beides mit dem Adjektiv akademisch verbunden sein kann, wenngleich der Bezug zur geistigen Tätigkeit heute deutlich geläufiger ist.