Ausgabe: Der Sprachdienst 1/2018

Vereinsmeier, Schlaumeier, Angstmeier – was hat das mit dem Namen Meier zu tun?

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[F] Was hat es mit den Ausdrücken Vereinsmeier und Vereinsmeierei auf sich? Lässt sich nachvollziehen, wieso gerade der Name Meier für eine solche Bildung verwendet wurde?

[A] Der Ausdruck Vereinsmeier bezeichnet jemanden, der dem Vereinsleben eine übertriebene Wertschätzung beimisst. Daraus haben sich auch das Substantiv Vereinsmeierei für das übermäßige Agieren im Vereinswesen und das Adjektiv vereinsmeierisch gebildet. Auch in anderen Zusammensetzungen begegnet uns gelegentlich der Familienname Meier, beispielsweise bei Angstmeier oder Schlaumeier. Wie vermutlich für Sie schon mitklingt, werden diese umgangssprachlichen Wörter meist abwertend verwendet.

Aber warum ist ausgerechnet der Familienname Meier Bestandteil solcher Wortbildungen? Ein Grund dafür könnte die Bekanntheit und Häufigkeit von Meier sein. Hinter dem Namen Meier verbirgt sich ein Berufsname: Er bezeichnete zu seiner Entstehung im Mittelalter den Oberbauern und damit eine berufliche Tätigkeit, die es in ganz Deutschland massenhaft gab. Die Aufgabe des Meiers bestand darin, im Auftrag eines Grundherrn u. a. die Aufsicht über die Bewirtschaftung der Güter zu führen. Ab dem späten Mittelalter wurde der Begriff noch weiter ausgeweitet und bezeichnete fortan auch den freien Bauern als Pächter eines Gutes. Auch wenn der Großteil des Familiennamens Meier mitsamt Varianten von diesem Beruf abgeleitet ist, können in Einzelfällen auch andere Namenbedeutungen zu veranschlagen sein. Da es viele Meier gab, ist auch der Name sehr häufig: Meier mit genau dieser Schreibweise ist auf Rang 30 der häufigsten Familiennamen in Deutschland zu verorten (zum Vergleich: Meyer belegt sogar Platz 6, Maier befindet sich auf Platz 34). Wissenswert ist auch die Verteilung der Familiennamen: Während Meyer und Meier zwar in ganz Deutschland auftreten, aber v. a. in der nördlichen Hälfte geballt erscheinen, sind die Varianten mit -a- (Mayer und Maier) mehrheitlich in Baden-Württemberg und Bayern verteilt.

Die Meier waren also schon früher und sind noch immer in Deutschland als Familiennamen sehr verbreitet, weshalb man bei Bildungen wie Vereinsmeier davon ausgehen kann, dass -meier für Mensch oder Mann stand, also jedermann, den gewöhnlichen Bürger bezeichnete. Nun ist ein Meier per se nichts Schlechtes, doch während Vereinsmensch eine eher aufwertende Assoziation auslöst, tendiert diese bei Vereinsmeier in die gegenteilige Richtung. Dies könnte darin begründet liegen, dass man mit dem Wort Meierei in der volkstümlichen Sprache u. a. auch Übervorteilung verband und mit Meier nicht immer die ehrlichsten Zeitgenossen bezeichnete.

Bezüglich der Entstehung des Ausdrucks Vereinsmeier lassen sich keine präzisen Informationen finden. Küpper datiert im »Illustrierten Lexikon der deutschen Umgangssprache« (Stuttgart 1982) sein Aufkommen auf spätestens 1870. Es kann allerdings nicht klar festgelegt werden, wann genau der Ausdruck entstand und von wem er ins Leben gerufen wurde. Abgeleitet von Vereinsmeierei entstanden um 1955/1960 auch die Ausdrücke Traditionsmeierei (kleinbürgerliche Pflege von Traditionen) und Organisationsmeierei (übertriebenes Streben nach Organisation).