13. Juli 2018

22. Der Ball muss in die Butte – oder ins Aluminium? – Fußballjargon in Österreich und der Schweiz

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Immer einen Blick wert ist der Vergleich von deutschen mit österreichischen und schweizerdeutschen Ausdrücken – und auch in der Fußballsprache trifft man hier auf einige Perlen! Wir möchten an dieser Stelle deutlich machen, dass es sich zum Teil um Ausdrücke handelt, die nicht nur in den Dialekten, sondern auch in der deutschen Standardsprache Österreichs und/oder der Schweiz zu finden sind.

Manfred Michael Glauninger und Martin Hannes Graf (2009: 135–138) haben viele sprachliche Schmuckstücke des Fußballjargons aus Österreich und der Schweiz herausgearbeitet, von denen wir Ihnen nun eine Auswahl präsentieren möchten:

Der Fußballschuh

  • Österreich: 1) der Bock, Mehrzahl in Wien die Bock (sonst die Böcke); – 2) der Gerschraubte [geschroofte (Wien)] ›Fußballschuh mit Schraubstollen‹; – 3) der Gummler ›Fußballschuh mit Gummistollen‹; – 4) die Packeln (nur Mehrzahl).
  • Schweiz: 1) der Tausendfüßler [tuusigfüessler], vom Vergleich der Stollen mit kleinen Füßen; – 2) der Töggelischuh [-schue], von töggele(n) ›spielen‹; – 3) der Tschuttischuh, von tschutte(n) ›Fußball spielen‹.


Das Tor (als Gehäuse auf dem Spielfeld)

  • Österreich: 1) die Butte [buttn], meint eigentlich eine Art Fass; – 2) das Goal (engl.) [goe], auch ›Tor‹ als Treffer im Spiel; vgl. der Goalie ›Tormann‹; – 3) die Hütte [hittn]; – 4) die Kiste [Kisten]; – 5) das Türl [dia’l], auch ›Tor‹ als Treffer im Spiel; 2) und 4)  ebenfalls in der Schweiz zu finden.
  • Schweiz: 1) das Aluminium [ʼs alu(minium)]; – 2) das Gehäuse [ʼs ghüüs]; – 3) das Goal, neutral für ›Torgehäuse‹; – 4) die Hütte; – 5) die Kachel [dʼ chachle]; – 6) das Kämmerlein [ʼs chämmerli]; – 7) der Kasten [de chaschte]; – 8) die Kiste [dʼ chischte], auch ›Tor‹ als Treffer im Spiel; – 9) die Kratte [dʼ chratte]; – 10) der Kübel [de chübel].


Der Fußballer (unabhängig von der Position am Spielfeld)

  • Österreich: 1) der Ballesterer (Wien) ›Fußballer‹ (ironisch/veraltet); – 2) der Bankerldrücker [bankaldrukka] ›Fußballer, der kaum zu Spieleinsätzen kommt‹, vgl. auch der Edelreservist; – 3) der Blinde ›Fußballer ohne Übersicht‹; – 4) der Bloßfüßige [bloosfiassige, -fiassade] ›Fußballer aus einem Entwicklungsland‹ (abwertend) ); in Wien auch: ›Fußballer aus einem (beliebigen) österreichischen Bundesland‹; – 5) der Dribblanski ›technisch versiert, aber ineffizient (für die Galerie) spielender Fußballer‹ (ironisch u./od. abwertend); von dribbeln ›den Ball auf engem Raum technisch versiert/trickreich führen‹; – 6) der Edelreservist ›(Star-)Spieler, der kaum zu Spieleinsätzen in der Kampfmannschaft kommt‹ (ironisch); – 7) der Eisenfuß ›hart spielender Fußballer‹; siehe Schweiz; – 8) der Gescherte (Wien) [gscheade] ›Fußballer aus einem (beliebigen) österreichischen Bundesland‹ (abwertend); Gescherter bedeutet in Wien ›Bewohner eines (beliebigen) österreichischen Bundeslandes‹ (abwertend); – 9) das Häusl [haesl] ›schlecht spielender Fußballer‹ (stark abwertend, Häusl bedeutet ›Toilette, Abort‹); – 10) der Holzgeschnitzte [hoetsgschnitste (Wien)] ›grobschlächtiger, plumper Fußballer‹; – 11) der Kicker (engl.), »Normalwort« für ›Fußballer‹; in vielen Zusammensetzungen, z. B.: Anti- ›untalentierter Fußballer‹, Bad- ›behäbig, langsam (wie im Freibad) spielender Fußballer‹, Schweins- ›schlecht, unattraktiv (auch: unangemessen hart) spielender Fußballer‹, Wahnsinns-, Welt- ›herausragend gut/begeisternd spielender Fußballer‹; vgl. der Kick ›Fußballspiel‹, kicken ›Fußball spielen‹, das Kickerl ›(nicht wettkampfmäßiges, spontanes, Freundschafts- u. ä.) Fußballspiel‹; – 12) die Kuh [kua] ›untalentierter, unbeholfen spielender Fußballer‹ (abwertend); – 13) der Rambo ›athletischer Fußballer‹ (auch Spitzname des Spielers Anton Pfeffer); – 14) der Rastelli ›technisch besonders versierter Fußballer‹ (ironisch); Name eines Jongleurs aus dem frühen 20. Jh.; – 15) der Zangler ›technisch besonders versierter Fußballer‹, von zangeln ›mit der Zange arbeiten‹.
  • Schweiz: 1) der Bänkliwärmer ›Ersatz-/Auswechselspieler‹ (scherzhaft); – 2) der Böllefresser ›(egoistischer) Spieler, der den Ball (Bölle) nie abgibt‹ (scherzhaft); – 3) der Eisenfuss [isefuess] ›harter, aber nicht unfairer Spieler‹; – 4) der Faulisiech ›Spieler, der häufig Fouls begeht‹; – 5) der Holzfuß [holzfuess] ›ungeschickter Fußballer‹; – 6) der Sensenmann [sänsemaa] ›unfairer, harter Spieler‹; – 7) der Skischuh ›schlechter, plumper, langsamer Spieler‹; – 8) der Tschütteler – »Normalwort« für ›Fußballer‹.

Der Schiedsrichter, sein Assistent und weitere Personen

  • Österreich: 1) der Ballschani ›Balljunge‹, Schani: (nach franz. Jean) dialektale Koseform für Johann, wird allg. für ›Kellner(lehrling), Piccolo‹, ›Diener‹ verwendet; – 2) der Outwachler = Zusammensetzung aus out (engl.) ›Aus‹ (= Spielfeldbereich jenseits der Tor- bzw. Seiten[aus]linie) u. Wachler (= dialektal jemand, der wachelt, d. h. ›[mit einer Fahne] winkt‹); – 3) der Sani ›Sanitäter‹; – 4) der Schiri »Normalwort« für ›Schiedsrichter‹; – 5) der Schwarze ›Schiedsrichter‹; von der (meist) schwarzen Farbe der Schiedsrichterkleidung; – 6) die schwarze Sau ›Schiedsrichter‹ (derb); Zuruf der Zuschauer: Ausse (= dialektal ›hinaus‹) mit der schwarzen Sau! ; – 7) der Verbandsdelogierte ›Verbandsdelegierter‹ (scherzhafte Verballhornung); – 8) der Zeugerer ›Zeugwart‹.
  • Schweiz: 1) der Fahnenschwinger ›Schiedsrichterassistent‹ (ironisch), nach dem Schweizer Volkssport »Fahnenschwingen«; – 2) der Scheißetrichter [schiissitrichter] ›Schiedsrichter‹ (abwertende Verballhornung u. Umdeutung); – 3) der Schiri »Normalwort« für ›Schiedsrichter‹; – 4) der schwarze Mann ›Schiedsrichter‹, ursprünglich ›Schreckgestalt‹; – 5) die schwarze Sau [di schwarz sau] ›Schiedsrichter‹ (derb).

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Quelle:

Glauninger, Manfred Michael/Graf, Martin Hannes (2009): Dialektale Aspekte der deutschen Fußballsprache in Österreich und der Schweiz. In: Armin Burkhardt/Peter Schlobinski (Hgg.): Flickflack, Foul und Tsukahara. Der Sport und seine Sprache (= Duden, Thema Deutsch, Band 10). Dudenverlag, S. 133–142.