Aufs i-Tüpfelchen genau
In Deutschland wird eher vom i-Tüpfelchen gesprochen, in Österreich vom i-Tüpferl und in der deutschsprachigen Schweiz vom i-Tüpfchen. Alle Varianten bezeichnen umgangssprachlich den i-Punkt oder standardsprachlich in übertragener Bedeutung ›eine Sache, die zur Perfektion führt‹. Die Krux liegt natürlich im i – oder eben I. Formal wird ein Buchstabe im Alphabet großgeschrieben (das I wie das A). Ein großes I weist allerdings keinen Punkt auf, was die Schreibung I-Tüpfelchen logisch ausschließt (auch wenn Substantive eigentlich großgeschrieben werden). Und wer könnte schon etwas gegen Logik haben? Es gibt nämlich aus eben diesem Grund eine Ausnahme von der Großschreibregel: Wenn ein konkreter Buchstabe eines Wortes oder eine konkrete Form eines Buchstaben (I oder i) gemeint ist, dann wird dieser auch so geschrieben, wie er im Wort vorkommt oder realisiert ist: das a in Wal oder das Binnen-I in PolitikerIn. Da der Punkt vom i – und eben nicht vom I, das gar keinen Punkt besitz t – gemeint ist, wird gemäß Duden (28. Aufl .) i-Punkt kleingeschrieben. So einfach ist das allerdings nicht, denn der Buchstabe I schließt als Oberbegriff die Realisierungsformen ⟨I⟩ und ⟨i⟩ ein, aber das führrt nun ein bisschen zu weit. Selbstredend können wir das übertragen gemeinte i-Tüpfelchen nicht auslassen und werfen noch einen Blick auf andere Wörter: Für T-Träger kommt nur die Großschreibung infrage, weil die Form gemeint ist, die der kleine Bruder ⟨t⟩ nicht aufweist; Wahlfreiheit besteht hingegen bei s-förmig oder wegen Formgleichheit auch S-förmig; am besten schreibt man es aber klein, da es ein Adjektiv ist – und entsprechend die S-Kurve groß.
Torsten Siever