Ausgabe: Der Sprachdienst 1/2015

Bedeutung von einen an der Waffel haben

[F] Wir stehen vor einem Rätsel: Wie steht die Bedeutung der Redewendung einen an der Waffel haben, nämlich ›nicht ganz richtig im Kopf sein, nicht richtig ticken‹, mit dem Gebäck in Zusammenhang?

[A] Bei dieser Redewendung liegt es in der Tat nahe, mit der hier genannten Waffel das süße, flache Gebäck zu assoziieren, denn solche Waffeln sind heutzutage allseits bekannt. Dabei liegt des Rätsels Lösung schon in der Bedeutung der Redensart, die eben auf einen »Schaden« im Kopf anspielt: Mit der Waffel wird hier der Kopf bezeichnet, genauer noch der Mund, und dies nicht nur metaphorisch.

Im »Deutschen Wörterbuch« der Brüder Grimm (Leipzig 1854 ff.) wird Waffel (›1. groszer mund mit herabhängenden lippen‹) auf das Verb waffeln zurückgeführt, das eine Weiterbildung des lautmalerischen Wortes waffen darstellt. Waffeln/waffen bedeutet so viel wie ›schwätzen, Unsinn erzählen‹. Die Brüder Grimm geben als Ursprung »die bewegung der kinnbacken und das dadurch hervorgerufene schmatzende geräusch« an. Vergleichend nennen sie Bildungen wie stammeln, lispeln, mummeln. Im Englischen haben sich derweil das Verb to waffle ›schwafeln‹ und das Substantiv waffle ›leeres Geschwätz‹ herausgebildet. Die Redensart einen an der Waffel haben hat sich somit wahrscheinlich aus der Bezeichnung für jemanden entwickelt, der undeutlich und schnell redet, die Wörter vielleicht durcheinander wirft, schwätzt, schwafelt und Unsinn verbreitet. Hieraus entstand dann schließlich die Bedeutung ›nicht ganz richtig im Kopf sein‹.

Noch heute ist der Ausdruck Waffel in verschiedenen, besonders ober- und mitteldeutschen Dialekten für den ›Mund‹ gebräuchlich. Die Waffel hat also in dieser Redensart nichts mit dem Gebäck zu tun, sondern steht, wie eben aus der Bedeutung zu entnehmen ist, in direktem Zusammenhang mit dem Kopf.