Ausgabe: Der Sprachdienst 3/2017

Wie lautet das Genus von Rückgrat?

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[F] Immer wieder stolpere ich über den Begriff das Rückgrat. Wieso steht das Wort im Neutrum und nicht im Maskulinum so wie auch der Grat? Müsste es nicht eigentlich auch der Rückgrat heißen? Oder geht das Rückgrat auf ein ganz anderes Wort zurück?

[A] Die Frage nach dem korrekten Artikel zu Rückgrat scheint berechtigt, gilt doch in der deutschen Sprache das »Kopfrechtsprinzip«; das bedeutet, dass das Basiswort eines Kompositums rechts steht (Rück + grat; hier ist –grat das Basiswort) und sich auch das Genus des Kompositums nach dem Genus des Basiswortes richtet. Der Grat würde demnach auch zu der Rückgrat führen. Und tatsächlich war Rückgrat in früheren Zeiten ein maskulines Wort, ebenso wie sein Bezugswort Grat, das auch heute noch maskulin ist.

Der Gebrauch des Neutrums hat sich jedoch durchgesetzt und ist die heute ausschließlich gebrauchte Form. Der Wandel muss in etwa zu Goethes Zeiten stattgefunden haben, in seinen Texten findet sich erstmals der Gebrauch der Neutrumsform (vgl. »Deutsches Wörterbuch« von Jacob und Wilhelm Grimm, online: http://woerterbuchnetz. de/DWB/).

Die Gründe für den Genuswechsel sind nicht sicher geklärt. So lässt sich aber vermuten, dass der Genuswechsel von Rückgrat mit der Verwendung des Wortes Rückbein (ähnlich auch Steißbein) zusammenhängt, war dieses bis ins 18. Jh. hinein das gebräuchlichere der beiden, obwohl sie nicht bedeutungsgleich sind: Der Begriff Rückbein beschreibt nur einen Teil des Rückgrats. Rückbein als Neutrumsform folgt dem Kopfrechtsprinzip (das Bein). Da eine Bedeutungsähnlichkeit von Rückbein und Rückgrat vorliegt, ist es denkbar, dass sich das Genus angeglichen und dies zu einem Genuswechsel bei Rückgrat geführt hat. Nachdem der Begriff Rückbein aus dem Sprachgebrauch verschwunden ist, wurde die Neutrumsform für Rückgrat beibehalten, die Gründe für das scheinbar falsche Genus sind jedoch nicht mehr erkennbar.