Ausgabe: Der Sprachdienst 4-5/2020

Wie wird der Imperativ richtig gebildet?

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[F] Immer wieder sehe ich falsche Imperativformen wie Trink! statt Trinke!, Esse! statt Iss! – ist das inzwischen »salonfähig«?

[A] Hier müssen wir unterscheiden zwischen verschiedenen Formen des Imperativs, die mit den unterschiedlichen Formen der zugrundeliegenden Verben zusammenhängen. Bei den meisten Verben ist es möglich, den Imperativ (beim Duzen) mit oder ohne e zu bilden: Trink/Trinke viel bei der Hitze, Fahr/Fahre vorsichtig! Dies ist keine neue Entwicklung, sondern schon lange üblich. Lediglich bei Verben auf -ern und -eln muss ein Schluss-e gesetzt werden: fördere, hand[e]le. Das Binnen-e bei Verben auf -eln fällt hingegen inzwischen üblicherweise weg: handle, sammle, wechsle etc.

Dann gibt es Verben wie essen, die im Imperativ einen sogenannten e/i-Wechsel aufweisen, d. h., der Stammvokal wird von e zu i verändert. Dieser e/i-Wechsel findet auch in der Konjugation der 2. und 3. Person Singular statt: essen – er isst – iss!, vergessen – du vergisst – vergiss!, lesen – sie liest – lies! etc. Häufig wird dieser Wechsel umgangssprachlich im Imperativ nicht vollführt, dadurch kommen Imperativformen wie ess[e], vergess[e] oder les[e] zustande. Diese sind standardsprachlich jedoch nach wie vor nicht korrekt und sollten vermieden werden.

Auch beim Siezen gibt es Imperativformen; diese werden stets mit der dritten Person Plural des Konjunktivs Präsens gebildet. Wem das zu kompliziert ist, der kann sich einfach Folgendes merken: Mit einer einzigen Ausnahme werden die Formen wie in der 3. Person Plural gebildet, die dem Infinitiv entspricht: Trinken Sie! (zu: sie trinken), Fahren Sie vorsichtig! (zu: sie fahren), Helfen Sie uns (zu: sie helfen). Einzig für das Verb sein weicht die Imperativform ab: Seien Sie auf der Hut (nicht: *Sind/Sein Sie auf der Hut), Seien Sie doch so nett (nicht: *Sind/Sein Sie doch so nett). (Vgl. Duden, Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle, Mannheim 2016)