Genus von Koryphäe
[F] Wir haben Schwierigkeiten mit einem Wort, das »korifäe« gesprochen wird. Wir hören es zwar immer wieder, können es aber nicht in Wörterbüchern finden. Wie schreibt man dieses Wort und woher kommt es?
[A] Diese Frage wurde schon öfter gestellt. Leicht begeht man hier den ›Fehler‹, dieses alte Fremdwort, das einen ausgewiesenen Fachmann bzw. eine ausgewiesene Fachfrau auf einem bestimmten Gebiet bezeichnet, in (Fremd-)Wörterbüchern unter dem Buchstaben C zu suchen, statt unter K.
Unter letzterem lässt es sich dann auch schnell aufspüren: »Koryphäe, die; -, -n
Schon Dudens Vollständiges Orthographisches Wörterbuch von 1880 verzeichnet das Wort deshalb unter K: »Koryphäe«. Vollkommen unüblich ist die Schreibung mit C in der Wortgeschichte freilich nicht gewesen: Kein geringerer als Joachim Heinrich Campe wählt sie in seinem Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung von 1801 und erläutert: »Coryphaeus, eigentlich der Vorsänger […] uneigentlich der Anführer, der Volksführer, und in schlimmer Bedeutung, der Rädelsführer.«
Begründen ließe sich Campes Schreibweise etymologisch, so mit Kluges Ethymologischem Wörterbuch (1989): Hiernach ist Koryphäe eine »sondersprachliche« Entlehnung aus dem frz. coryphée, das wiederum aus lat. coryphaeus und griech. koryphaeos entlehnt wurde.
Im Französischen ist der Zusammenhang mit der Kunst noch etwas enger gefasst als im Deutschen, wo Koryphäe ein Experte bzw. eine Expertin auf eigentlich allen Ebenen sein kann. Allerdings hat das französische le coryphée eine Degradierung in der Rangstufe erfahren müssen: Nicht mehr als Erster, sondern nur noch als Dritter rangiert hier der Könner, und dies auch nicht im Chor, sondern im französischen Ballett.
Sehr elegant verbindet übrigens Adolf Genius in seinem Neuen deutschen Fremdwörterbuch von 1912 beide Bedeutungen, die ursprüngliche, also griechische (Chorführer) und die übernommene, semantisch ausgeweitete (Experte, Spitzenkraft etc.). Für ihn ist eine Koryphäe einfach ein »tonangebender Mensch«.