Was bedeutet Unterpfand in der deutschen Nationalhymne?
[F] Was bedeutet der Ausdruck Unterpfand, wie er in der deutschen Nationalhymne »Einigkeit und Recht und Freiheit sind des Glückes Unterpfand« verwendet wird?
[A] Der Ausdruck Unterpfand hat zwei verschiedene Bedeutungen: Eine ältere ist die, bei der das Wort als ›Pfand, das dem Gläubiger als Bürgschaft für seine Forderung gegeben wird‹ zu verstehen ist – bereits das »Grammatisch-kritische Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart« von Adelung (Wien 1807 ff.) gibt diese (und nur diese) Bedeutung an. So lesen wir beispielsweise in Schillers »Räubern«: »Hattest du ihm nicht einen Ring an den Finger gesteckt? Einen Diamantring zum Unterpfand deiner Treue!« Bereits im Mittelhochdeutschen ist diese Verwendungsweise dokumentiert: underphant ›ein Pfand, das der Pfandempfänger dem Verpfänder belassen hat‹ (vgl. Matthias Lexer: »Mittelhochdeutsches Wörterbuch«, Stuttgart 1992).
Gerade im Kontext eines internationalen Turniers wie einer Fußballmeisterschaft oder einer Olympiade ist der Ausdruck interessant, da er mit ähnlicher Bedeutung in zahlreichen anderen Sprachen existiert: niederländisch onderpand; dänisch underpant (nicht zu verwechseln mit dem englischen underpant); isländisch undirpantr (vgl. Jakob und Wilhelm Grimm: »Deutsches Wörterbuch«, Leipzig 1854 ff.). Es ist jedoch anzunehmen, dass die oben genannte Bedeutung nicht unbedingt die ist, die bei der Verwendung in der deutschen Nationalhymne gemeint ist. (Deren Text stammt übrigens von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Er hat ihn 1841 auf Helgoland gedichtet zu der Melodie des Kaiserlieds von Joseph Haydn, 1796/97 in Wien komponiert.)
Die zweite Bedeutung von Unterpfand ist ›etwas, das als sicheres Zeichen, Garantie für etwas dient‹ (vgl. Ruth Klappenbach/Wolfgang Steinitz (Hgg.): »Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache«, Berlin 1969 ff.). Und hierbei handelt es sich wohl um die Bedeutung, die auch in der Nationalhymne gemeint ist: So sind eben Einigkeit und Recht und Freiheit Garanten für das Glück.
Auch in Ludwig Tiecks »Franz Sternbalds Wanderungen« finden wir (neben vielen anderen Beispielen aus der deutschen Literatur) eine ähnliche Verwendung: »So halte ich die Kunst für ein Unterpfand unsrer Unsterblichkeit, für ein geheimes Zeichen, an dem die ewigen Geister sich wunderbarlich erkennen.«
Wann genau sich diese Bedeutung durchgesetzt hat, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Heute ist der Ausdruck Unterpfand wohl im Aussterben begriffen – ebenso wie unterpfänden und unterpfändlich (vgl. Grimm, 1854 ff.) – in der deutschen Nationalhymne wird er dagegen noch eine Weile überleben.