Warum baut man einen Unfall?
[A] Einen Unfall zu bauen bedeutet so viel wie ›einen Unfall verursachen‹. Dass ausgerechnet das Verb bauen in diesem Zusammenhang herangezogen wird, scheint eigentlich gar nicht so abwegig. Der Duden (Deutsches Universalwörterbuch, 2001) führt für das Wort eine Vielzahl von Verwendungsweisen an, u. a. wird bauen im Sinne von ›etwas errichten, konstruieren‹ oder ›herstellen‹ verwendet. Gemeinsam haben diese Verwendungsweisen eine resultative Komponente: Etwas, das vorher nicht da war, entsteht oder wird gemacht. Und im Fall des Unfalls wird ja eine neue Situation herbeigeführt.
Die Verwendung von bauen im Sinne von ›machen‹ oder ›verursachen‹ scheint dabei allerdings auf einige bestimmte Redewendungen festgelegt, sie wirkt eher umgangssprachlich und: Sie ist oft auf negative Ereignisse bezogen! Hier führt der Duden die Idiome Mist bauen und Scheiße bauen an. Beliebige positive Ereignisse wie eine Geburtstagsparty werden nicht gebaut.
Wie es tatsächlich dazu gekommen ist, dass das Verb bauen in diesen Kontexten im Sinne von ›machen‹ oder ›verursachen‹ verwendet wird, lässt sich nicht genau rekonstruieren. Die Frage nach dem »warum« ist oft schwer zu beantworten. Eine heiße Spur führt aber in die Soldatensprache und die Studentensprache des frühen 20. Jahrhunderts. In diesen speziellen Registern lassen sich eine Vielzahl von – teils makabren – Fügungen mit bauen im Sinne von ›machen/verursachen‹ nachweisen: das schon erwähnte Mist bauen (›einen Fehler machen‹), einen Flachmann bauen (›sterben‹), einen Schwanz bauen (›einen Teil einer Prüfung nicht bestehen‹). Neutraler sind etwa Männchen bauen (›salutieren‹) oder den Doktor bauen (›die Promotion erlangen‹).
Fügungen dieser Art entstehen oft in besonders kreativen und wenig standardisierten Kontexten (wie dem soldatischen oder studentischen Milieu); einige verbreiten sich nie, andere etablieren sich und werden sogar Teil der Standardsprache. Die Redewendung einen Unfall bauen findet sich bereits im Großen Duden von 1958.
Quellen
Duden, Band 11: Redewendungen. Wörterbuch der deutschen Idiomatik, 2002.
Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 2001.