Bedeutung von Beinhase
[F] In einem alten Buch bin ich über das Wort Beinhase gestolpert. So recht ergibt es für mich keinen Sinn und in meinen Wörterbüchern finde ich es nicht. Können Sie mir bitte weiterhelfen?
[A] Beinhase ist in der Tat ein schönes und interessantes Wort.
Es kommt aus dem niederdeutschen Raum und war bis in das 18. Jahrhundert sehr gebräuchlich. Es wurden damit Handwerker bezeichnet, die nicht in Zünften oder Gilden organisiert waren. Demzufolge hatten sie den Ruf der schlechten Arbeit inne und durften eigentlich nicht arbeiten. Sie versteckten sich also auf Dachböden (niederdeutsch = Bö(h)n, dann ins Hochdeutsche als Bein übernommen). Die Bedeutung umfasst ›Amateur, Stümper, jemand der sein Handwerk nicht versteht, Pfuscher‹ (auf viele Gewerbe bezogen: Schneider, Barbiere, Jäger, Schiffsmänner), später sogar ›Ehebrecher‹. Seltsamerweise taucht Beinhase auch als scherzhafte Bezeichnung für Katze auf (Pommersches Wörterbuch, Berlin 2007).
Wenn man einen Beinhasen jagt, heißt das demzufolge, dass man ›einem Pfuscher nachstellt, ihn auffliegen lässt‹.
Im Grammatisch–kritischen Wörterbuch von Adelung (Wien 1807) ist zu lesen, dass es auch Äquivalente in anderen Sprachen gibt: im Dänischen: Bonhase, im Schwedischen:
Bönhas und im Isländischen: Baunhoser.
Das deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm (Leipzig 1860) verzeichnet sogar ein Verb beinhasen (in der Form bönhasen), welches so viel bedeutet wie ›ein Beinhase sein, pfuschen‹ oder aber ›jemandem das Handwerk legen‹ (Pommersches Wörterbuch, Berlin 2007). Im Mittelniederdeutschen Handwörterbuch (Neumünster 1956) ist darüber hinaus das Substantiv Bönhaserie verzeichnet, mit der Bedeutung ›Beinhasentum oder unerlaubter Handwerksbetrieb‹. Auch gibt es das dazugehörige Adjektiv böhnhasig. (Schleswig–Holsteinisches Wörterbuch, Wachholtz 1927).
Im 19. Jahrhundert scheint es langsam ausgestorben zu sein, wahrscheinlich vor allem wegen des Wegfalls des Zunftzwangs und der Einführung der Gewerbefreiheit.
Warum genau Beinhase ausgestorben ist, kann jedoch kaum gesagt werden und ist auch eher verwunderlich, da Beinhasen ja auch noch heute zur Genüge rumhoppeln, im Schwedischen auch noch im 20. Jahrhundert (Handwörterbuch Schwedisch–Deutsch, Berlin 1984).