Ausgabe: Der Sprachdienst 2/2012

Was ist ein Busebeller und warum werden Kinder vor ihm gewarnt?

[F] Als Kind hat mich meine Oma immer davor gewarnt, nicht zu nahe ans Wasser zu gehen, da hier der Busabella oder Busebella wohne und mich holen könne. Können Sie mir vielleicht helfen, die Warnung der ostfriesischen Oma zu enträtseln?

© CC-Lizenz

© CC-Lizenz

[A] Es handelt sich bei Busebeller (so die zumeist verwendete Schreibung) um einen nord- bzw. plattdeutschen Ausdruck für einen Kinderschreck. Ein solcher wird schon seit Urzeiten von den Erwachsenen erfunden, um Kindern etwas beizubringen, z. B., damit sie beim Dunkelwerden nach Hause kommen oder, wie in Ihrem Fall, um sie von gefährlichen Orten fernzuhalten. Der Verweis auf einen Kinderschreck, der die Kinder »holt« oder auf eine andere Weise bestraft, wenn sie den Weisungen der Eltern nicht folgen wollen, dient also sozusagen als Erziehungsmaßnahme.

Der Kinderschreck kann dabei in vielerlei Gestalt erscheinen, überregional etwa als »Schwarzer Mann« oder als »Bumann« (hier erkennt man die Verwandtschaft zum Busebeller). Wie dem »Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens«, Berlin/Leipzig 1931/1932 (Band IV, Eintrag »Kinderschreck, Popanz«) zu entnehmen ist, wird zumeist auf bereits bekannte Dämonen- oder Spukgestalten verwiesen, beim ebenfalls niederdeutschen Bumann wurde jedoch eine ganz neue Gestalt zu pädagogischen Zwecken »erfunden«, und auch auf den Busebeller trifft dies sicherlich zu.

Das Bild, das durch den Bumann wie den Busebeller und hiermit gleichzusetzende Kinderschrecke vermittelt wird, ist häufig das einer großen, dunklen Gestalt: Sie trägt meist einen Sack, in dem sie böse Kinder mitnimmt, einen Haken, mit dem sie sie zu sich zieht (in der weiteren Vorstellung werden die Kinder gefressen), oder eine Rute, mit der sie die Kinder schlägt.

Woher der Name Busebeller stammt, ist jedoch, so scheint es, nicht geklärt. Im »Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens« wird er als Ableitung des Butzemanns verstanden, doch kommt der Busebeller, anders als der in ganz Deutschland verbreitete Butzemann, vorwiegend in Norddeutschland vor. Aber auch hier ist er regional eher begrenzt, denn das Lemma Busebeller findet sich ausschließlich im »Niedersächsischen Wörterbuch«, Neumünster 1985: Demnach wird Busebeller vor allem in Ostfriesland verwendet: In Remels im Kreis Leer, in Upgant und Westermoordorf im Kreis Norden heißt er Busbeller, im Ort Larrelt bei Emden Busabeller, in den übrigen Gebieten kennt man den Busebeller. Auch der Bus(e)kerl und der Bus(e)mann sind dort verbreitet und bezeichnen ebenfalls eine »Phantasiegestalt, mit der Kindern Angst gemacht wird«. Während Bus(e)beller und Bus(e)mann neben den Schreckgestalten ebenfalls Bezeichnungen für den Teufel sind, wird als Bus(e)-kerl auch die Vogelscheuche betitelt. Möglicherweise, so ein Hinweis, dem wir nicht weiter nachgehen konnten, hängt die Bezeichnung mit den Wikingern zusammen, die einst vom Meer her kamen, Ortschaften plünderten und die Bevölkerung bedrohten; Kinder wurden vor den »bösen Bellern« gewarnt. Darüber soll sich dieser Ausdruck zur allgemeinen Bezeichnung einer Bedrohung (aus dem Wasser) entwickelt haben.

Der mit dem Busebeller verwandte Bumann scheint ein größeres Verbreitungsgebiet im Norden zu umfassen. Wie das »Schleswig-Holsteinische Wörterbuch«, Neumünster 1927, erklärt, haust dieses Schreckgespenst vorwiegend »in Wassergräben, Tümpeln, Brunnen oder in dunklen Winkeln des Kellers, Stalls oder Bodens«. Auch seine Bedeutung reicht vom Schreckgespenst bis zur Bezeichnung für den Teufel, die Vogelscheuche, einen Taugenichts, ja sogar für hart gewordenen Nasenschleim.

Vom Bumann und Busemann abzuleitende Namen mit derselben Bedeutung finden sich etwa in Schleswig-Holstein mit dem Buschemann, das »Preußische Wörterbuch«, Neumünster 2005, verzeichnet daneben auch den Buschebär, was fast niedlich anmutet.

Der Popelmann und der Pöpel kommen hingegen eher in den mittel- und süddeutschen Gegenden vor und sind möglicherweise vom ostmitteldeutschen Popanz herzuleiten. Dieser ist dort bereits seit dem 16. Jh. belegt und geht wahrscheinlich auf die tschechische Bezeichnung für ein Schreckgespenst, bubak, zurück (vgl. »Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens«). Neben den hier erwähnten Kinderschrecken gibt es regional natürlich zahlreiche weitere, die von den Erwachsenen noch heute gern zur Unterstützung in der Kindererziehung herbeizitiert werden.