Ausgabe: Der Sprachdienst 1–2/2023

Damen und Herren, dämlich und herrlich – hängt das zusammen?

Scheinbar ähnlich, aber ohne etymologische Verbindung zum Wort
Dame: dämlich. Foto: Victoria_Watercolor (Pixabay)

[F] »Herren sind herrlich, Damen sind dämlich«, diese Adjektivableitungen liegen irgendwie nahe. Abgesehen davon, dass es inhaltlich so ganz und gar nicht zu pauschalisieren ist, frage ich mich trotzdem: Kommt dämlich wirklich von Dame und herrlich von Herr?

[A] Auf den ersten Blick scheint es ganz plausibel zu sein, dass sich dämlich von Dame und herrlich von Herr ableiten lässt, werden bei uns doch viele Adjektive durch Anhängen des Suffixes –lich gebildet: Mehrheit – mehrheitlich, Abenteuer – abenteuerlich, Mensch – menschlich, Freund – freundlich etc. Diese Adjektive tragen dabei die semantischen Merkmale des zugrunde liegenden Substantivs, d. h., sie sind in etwa zu verstehen als ›nach Art von [Substantiv]; sich verhaltend wie [Substantiv]‹. Doch was heißt das nun für die Adjektive herrlich und dämlich? Schauen wir uns das einmal genauer an.

Herrlich ist ursprünglich eine Weiterbildung des Adjektivs hehr mit der Bedeutung ›durch seine Großartigkeit, Erhabenheit beeindruckend; erhaben, Ehrfurcht gebietend‹, wurde jedoch schon im Althochdeutschen vereinzelt mit hē̌r(r)o ›Herr‹ in Verbindung gebracht; in mittelhochdeutscher Zeit schloss es sich dann regulär an das Substantiv Herr an. So bedeutete herrlich zunächst ähnlich wie hehr so viel wie ›erhaben, hervorragend‹, war jedoch unter Einfluss von Herr zunehmend als ›herrenmäßig, herrisch‹ zu verstehen. Später trat letztere Bedeutung wieder zurück und so ist herrlich heute ein Ausdruck für ›in hohem Maße als gut oder schön empfunden‹.

Als Dame bezeichnete man seit dem 16. Jahrhundert eine vornehme Frau. Entlehnt wurde dieser Ausdruck aus den romanischen Sprachen (it. dama, span. dama, frz. dame), die sich ihrerseits des Lateinischen domina ›(Haus-) Herrin‹ bedient haben. Dabei handelt es sich um die weibliche Form zu dominus ›(Haus-)Herr‹; dieses Wort geht letztlich auf domus ›Haus‹ zurück. Doch trotz der formalen Ähnlichkeit gibt es keine etymologische Verbindung zum Adjektiv dämlich. Hierzu gibt es verschiedene Herleitungen: Einerseits geht dämlich auf das im 18. Jahrhundert regional verbreitete niederdeutsche Verb dämel(e)n ›nicht ganz helle, taumelig sein, nicht recht bei Sinnen sein‹ zurück, andererseits entstammt es derselben Wortgruppe wie das Substantiv Dämmerung, der eine indoeuropäische Wurzel *tem(ə)– ›dunkel‹ zugrunde liegt. Eine enge Verbindung zu oberbairisch damisch, dämisch ›berauscht, betäubt‹ weisen zudem die Brüder Grimm nach.

Es wird also deutlich, dass es zwar sprachgeschichtlich eine Verbindung zwischen herrlich und Herr gibt, wenn diese auch vorübergehend gewesen sein mochte und nicht dieselbe Wurzel zugrunde liegt; Dame und dämlich stehen jedoch etymologisch wie semantisch in keinerlei Zusammenhang. Als Adjektive, die wir heutzutage von den Substantiven Herr und Dame ableiten, sind viel eher herrisch und damenhaft zu nennen – doch auch dies ließe einige Schlüsse zu, auf die wir an dieser Stelle nicht näher eingehen wollen.

Quellen

Duden, Großes Wörterbuch der deutschen Sprache, Mannheim 2012.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Neubearbeitung (A–F), digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23, https://www.woerterbuchnetz.de.

DWDS, Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, https://www.dwds.de/wb/.

Seebold, Elmar/Kluge, Friedrich: Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 25. Aufl., Berlin/New York 2011.