Ausgabe: Der Sprachdienst 3/2022

Meta

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Kochbegeisterte denken vielleicht an Meta Hiltebrand, Literaturfreundinnen und -freunde an Meta Klopstock, Politikinteressierte an Meta Janssen-Kucz. Die meisten Menschen, die heutzutage im Internet und besonders in den Sozialen Medien unterwegs sind, werden allerdings eine ganz andere Assoziation haben, wenn sie die Überschrift dieses Beitrags lesen: »Meta« ist seit Kurzem nämlich der neue Name von Facebook(s Mutterkonzern). In einem »Metaversum« will der Konzern die echte und die virtuelle Welt verknüpfen. Wie genau dies vonstattengeht, soll hier nicht näher eruiert werden, stattdessen ist es Gegenstand der folgenden Betrachtung, was das Wort bedeutet und in welchem Beziehungsrahmen es heute verwendet wird.

Bei meta– handelt es sich um ein Präfix, also eine Vorsilbe bzw. einen Wortbildungsbestandteil, die/der sowohl in Adjektiven als auch in Substantiven vorkommt. Es stammt aus dem Griechischen und wird im Duden mit der Bedeutung ›zwischen …, mit …, um …, nach …‹ und ›ver-‹ wiedergegeben. So weit, so unklar – wie ist das genau zu verstehen? Wofür stehen die Auslassungspunkte? Welche Wörter lassen sich tatsächlich mit diesem Präfix bilden und was bedeuten sie dann?

 Die Wörter, die meta-/Meta- als Erstglied haben, stammen vor allem aus verschiedenen fachsprachlichen Wortschätzen, nur wenige werden auch in Alltagssprache verwendet. Zu den Adjektiven gehören etwa metaphysisch, metalinguistisch, metabolisch, metonymisch oder metakommunikativ. Als Substantive recht geläufig sind etwa Metamorphose, Metatheorie, Metaphysik und ebenso – was man auf den ersten Blick vielleicht nicht vermutet hätte – Methode und Metapher.

Obwohl Wörter auf meta- also nicht unbekannt sind, ist es nicht so leicht, das Präfix zu definieren. Greifbarer wird seine Bedeutung vor allem in konkreten Beispielen. So beschreibt meta– zuweilen eine Art Zwischenstadium, einen Prozess der Umwandlung oder des Wechsels: Eine Metamorphose ist eine solche Wandlung, der Wechsel einer Gestalt, griechisch morphe; das Präfix meta– ist hier als ver– zu lesen, im Sinne von Veränderung. Auch bei Metastase liegt eine Veränderung vor, ein Umsetzen im Sinne eines Auftauchens (krankhafter Zellen) an anderer Stelle.

Durch meta– wird ebenso über die Eigenschaft hinaus verwiesen: Während das Adjektiv physisch etwas als körperlich erfahrbar beschreibt, geht metaphysisch darüber hinaus und beschreibt etwas hinter der mit den Sinnen wahrnehmbaren Welt – sozusagen danach – Liegendes. Auch bei metonymisch greift diese Definition: Ein Wort steht nicht für sich selbst, sondern für etwas anderes, damit in Zusammenhang Stehendes, etwas Darunterliegendes wie Stahl für Dolch (»er stieß ihm den Stahl zwischen die Rippen«), Brot für Nahrung (»sie verdient sich ihr Brot als Schneiderin«) etc.

Das Präfix wird auch genutzt, um deutlich zu machen, dass der Blick von einer höheren Ebene aus auf eine Eigenschaft oder einen Sachverhalt gerichtet wird. So bezeichnet man es als Kommunikation, wenn wir miteinander sprechen oder uns anderweitig austauschen. Sprechen wir aber über genau dies, die Kommunikation als solche – zum Beispiel, wenn wir jemanden darauf aufmerksam machen, dass er zu leise spricht oder nicht konstruktiv argumentiert –, so handelt es sich um Metakommunikation, eine Kommunikation über die Kommunikation, entsprechend ist Metasprache eine Sprache bzw. ein Sprechen über die Sprache. Eine Metatheorie ist eine Theorie, die eine wissenschaftliche Theorie zum Gegenstand hat und prüft, ob diese logisch und widerspruchsfrei ist. Das Metamarketing ist nicht das Marketing für ein bestimmtes Produkt, sondern es geht um die Konzeption des Marketings an sich. Eine Metakritik ist eine Kritik der Kritik. Und selbst die so geläufige Methode, vom Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (www.dwds.de) definiert als ›nach bestimmten Regeln geordnetes Verfahren‹, ist nach diesem Muster gestrickt: Griechisch hodos ›Weg‹, präfigiert mit met[a]-, ergibt einen Blick dahinter, sozusagen von oben auf den Weg, der eingeschlagen wird, um zu einem Ergebnis zu gelangen.

Letztere Bedeutung könnte auch in Facebooks neuen Firmennamen hineingelesen werden: Meta vereint Dienste wie Facebook, WhatsApp, Instagram etc. unter diesem Namen, es stellt also sozusagen eine höhere Ebene, eine Überfirma dar. Inwiefern Meta sich selbst so sieht, bleibt unklar; Fakt ist jedoch, dass es in der Welt inzwischen so wahrgenommen wird: sich selbst über vieles stellend und dabei oder dadurch eine ungeheure (Markt-) Macht erlangend. Sogar als politisches Instrument agiert Meta bisweilen und erklärte jüngst, die bis dato geltenden Unternehmensregeln gegen sogenannte Hassrede und einen harten Ton aus aktuellem Anlass lockern zu wollen, woraufhin es in Russland gerichtlich verboten und somit zensiert wurde.

Ohne in politische Details gehen zu wollen, ist meta – kleingeschrieben und nicht als Präfix verwendet – auf dem besten Weg, sich als eigenständiges Adverb wie super, mega, extra etc. zu entwickeln, die ebenfalls ursprünglich bloße Präfixe waren. So liest (und hört) man inzwischen Sätze wie »Die Dialoge sind nie meta, sondern nahe an der Alltagsrealität«, »Und das auch noch sowas von meta«, »Auf den zweiten [Blick] ist er schon auch mehr als ein wenig ›meta‹ und bietet starke Frauenrollen«, »Möglichst ›meta‹ muss das sein, mit einem leisen Timbre von Intellektualität«. Wir sind mehr als gespannt, wie sich die vier Buchstaben entwickeln, und halten unsere Augen offen.

Schließen wir den Kreis und kommen zurück zum Anfang, denn Meta war, ist und bleibt auch ein weiblicher Vorname. Als Kurzform von Margaretha zu lateinisch margarita ›Perle‹ dürfte er zu deutlich weniger Kopfzerbrechen oder politischen Kontroversen führen als das Präfix oder die Firma. Erfrischend.