Ausgabe: Der Sprachdienst 1–2/2024

PISA oder Pisa?

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Da Deutschland bei der vergangenen PISA-Studie nicht gerade überzeugt hat, nehmen wir – wenn auch nicht das Lesen, dann zumindest – das Schreiben von Wörtern wie PISA etwas genauer in den Blick, ergo die Orthografie von Kurzwörtern. Diese ist gar nicht kompliziert, doch gibt es mitunter Schreibvarianten, die zu der Frage führen, welche davon die »richtige« ist: PISA vs. Pisa, NATO/Nato, KRIPO/Kripo, LKW/ Lkw, BAföG/Bafög und viele mehr. Bevor wir jedoch die Ursache(n) dieser Zweifelsfälle klären, widmen wir uns erst einmal der Wortbildung – die ist dafür nämlich nicht unbedeutend.

Kurzwörter zeichnen sich zentral dadurch aus, dass sie kürzer als ihre Vollformen sind, aus dem »Material« der Vollformen bestehen und zum Zeitpunkt der Entstehung bzw. Bildung bedeutungsgleich sind – und wichtig: Die Wortart ändert sich nicht.[1] Die Sätze Ich fahre gern Pkw und Ich fahre gern Personenkraftwagen sind also bezüglich des Inhalts grundsätzlich austauscbar – unterschiedlich ist nur die Form. Da sie aus den Lauten (oder auch Buchstaben) der ursprünglichen Wörter gebildet sind, lässt sich schnell ableiten, dass die Ursprungsform einen Einfluss auf die Schreibung haben dürfte. Handelt es sich um ein Wort oder Wortteil (Morphem), das großgeschrieben wird, wird es meist auch im Kurzwort großgeschrieben, andernfalls klein: GmbH < Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder BAföG < Berufs-Ausbildungsrderungs-Gesetz.

Der Prototyp des Kurzwortes – mit Initialen einzelner Wörter oder Morpheme – wird großgeschrieben: ARD, CDU, UFO, IAA. Einfluss nehmen auf eine Schreibänderung kann etwa eine Verselbstständigung. Während BAföG auf das Gesetz referiert, wird Bafög eher für das Geld vom Staat verwendet, also die Mittel, die über das BAföG gewährt werden. Bei Lkw etwa ist die Vollform (Lastkraftwagen) gar nicht mehr gebräuchlich (oder nie gewesen), womit es eher als »normales « Wort betrachtet wird. Kripo und Ufo (Duden-Empfehlung) ist anders als CDU und IAA als Wort sprechbar, was zu einer »normalen« Substantivschreibung (1. Buchstabe groß) geführt haben dürfte und ebenso wie Haribo (eigentlich HaRiBo)[2] kann Pisa kaum jemand aufschlüsseln, sodass es eher selten als Kurzform zu einem Wort angesehen worden sein dürfte. Auch das Erscheinungsbild eines Kurzwortes dürfte dazu beitragen, es mehrheitlich kleinzuschreiben. Bei COVID-19[3]  etwa hat sich überaus schnell die Schreibung Covid-19 durchgesetzt – vermutlich auch, um dem ohnehin desaströsen Zustand ein wenig Raum zu nehmen und der Mischschreibung zu entkommen (eigentlich CoviD-19).[4]


[1] Vgl. Dorothea Kobler-Trill, Das Kurzwort im Deutschen. Eine Untersuchung zu Definition, Typologie und Entwicklung, Tübingen 1994, S. 14 ff.

[2] < Hans Riegel, Bonn.

[3] < Coronavirus Disease 19.

[4] In der digitalen Kommunikation wird in der Regel Großschreibung mit Schreien verbunden – mindestens aber stellt es eine typografische Hervorhebung dar.