Bedeutung von Spitze auf Knopf
[F] Mir geht es um die Erklärung der Wendung etwas steht Spitze auf Knopf. Sie ist doch recht bekannt, doch eine plausible Deutung finde ich nirgends; nur im »Großen Wörterbuch der deutschen Sprache« wird knapp darauf hingewiesen, dass die Spitze eines Degens oder Schwertes bzw. der Knauf eine Rolle spiele.
[A] Die Redensart etwas steht Spitze auf Knopf ist tatsächlich in manchen Wörterbüchern und Sprichwörterlexika belegt, so in dem einschlägigen Großen Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten von Lutz Röhrich, wo Auf Spitz(e) und Knopf stehen erklärt wird mit »bis zuletzt gut oder schlecht ausgehen können« (Bd. 3, 1992). Eine Erläuterung und Deutung dieser Redensart findet sich dort allerdings nicht. Ganz ähnlich verzeichnet das Deutsche Sprichwörterlexikon von K. F. W. Wander (1876) die Wendung Bei dem ist‘s auf Spitz‘ und Knopf und nennt als Bedeutung »Es ist auf einem Entscheidungspunkte«.
Wander bringt weiterhin diese älteren Literaturbelege: Spitze oder Knopf anbieten – ›Krieg oder Frieden, da es heißt: Friss Vogel, oder stirb‹ und süddeutsch Uf Spitz‘ und Knopf akomma lau – ›Es auf das äußerste ankommen lassen, etwas aufs Spiel setzen, mit etwas zurückhalten, so lange es tunlich ist, so lange säumen und zaudern, als es irgend angeht‹.
Einen Ansatz zur Erklärung dieser Redensart bietet das Deutsche Wörterbuch, begründet von Jacob und Wilhelm Grimm (hier Bd. 10.1, 1904). Hiernach liegt dem metaphorischen Ausdruck das Bild des Schwertes zugrunde, dessen Spitze zum Stechen und Kämpfen dient, der Knopf aber den Knauf bezeichnet.
Diese Bildlichkeit soll auf einen Ausspruch, der Karl dem Großen zugeschrieben wird, zurückgehen: Was der Knopf siegelt, soll die Spitze verteidigen. Er wird im Deutschen Sprichwörter-Lexikon von Wander so wiedergegeben: »Der Kaiser Karl der Grosse hatte auf seinem Degenknopfe, womit er seine Befehle zu siegeln pflegte, die Buchstaben D.P.C.A.D.C. (Decem Praeceptorum Custos A Deos Constitutus, d. h. zum Wächter der zehn Gebote von Gott verordnet) eingraben lassen und pflegte zu sagen: ›Was der Knopf siegelt, soll die Spitze vertheidigen‹ […].«
Hier liegt also schon die Verknüpfung des Wortpaares Spitze – Knopf vor, und zwar in eben der Bedeutung von Kampfhandlungen bzw. schriftlich fixierten Verträgen oder anderen Dokumenten. Im Fall des mit Bezug auf Karl den Großen überlieferten Spruches erfolgt der Kampf zur Verteidigung des Vertrages; doch auch eine andere Situation ist möglich, nämlich wenn man sich zwischen diesen beiden Alternativen entscheiden muss. So ist ebenfalls im Deutschen Wörterbuch die Redensart knopf oder spitz, welchs du wilt aufgeführt und wird erklärt mit »vertrag oder tod, nachgeben oder sterben!«. Ebenso werden als Beispiel für die Verwendung des Ausdrucks zwei Zeilen aus einer Ilias-Übersetzung zitiert: »jetzt steht der Griechen tod und leben / auf spitz und knopf gefährlich schweben.«
Das Deutsche Wörterbuch verzeichnet zudem unter dem Stichwort spitz ganz entsprechend die Wendung wie wenn alles bei ihm auf spitz und knopf stehe mit der Erklärung: »zu grunde liegt anscheinend das bild einer notwendigen entscheidung zwischen der entgegen gehaltenen schwertspitze, womit man sticht, und dem entgegen gehaltenen schwertknauf, womit man siegelt […].«
Hiermit sind wir bei dem uns bekannten Gebrauch dieses Sprichworts angekommen, dessen Ursprung mit dem heute im übertragenen Sinne gebrauchten Bild der zwei Enden eines Schwertes recht gut erklärt werden kann.
Insofern ist jene knappe Erläuterung im Großen Wörterbuch der deutschen Sprache (Dudenverlag 1999), in der nur kursorisch auf Spitze und Knauf des Degens bzw. Schwertes verwiesen wird, schon berechtigt.
Kaum plausibel dagegen erscheint uns die ebenfalls im Deutschen Sprichwörter-Lexikon von Wander an anderer Stelle gegebene abweichende Erklärung, die Redensart sei »von dem Spiel der Gleichgewichtskünstler entlehnt, da sie einen Degen auf der Nase oder Kinn balanciren und noch oben darauf ein Glas voll Weins tragen«. Die Verbindung zwischen Spitze und Knopf ist hier nicht einsichtig, der Knopf noch nicht einmal verbalisiert. Wohl steht es bei den Akrobaten mitunter Spitz auf Knopf, doch dürften ihre gefährlichen Vorführungen nicht den Ursprung der Redensart darstellen, wohl eher wurde sie im Nachhinein darauf übertragen.